Carmignac's Note
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März 2019
Wie zu Beginn des Jahres vermutet (siehe Carmignac’s Note vom Januar "50 shades of black"), hat sich der Aufschwung der Aktienmärkte als Kontrapunkt zur Panik zum Jahresende 2018 tatsächlich materialisiert. Dies wurde durch die Kehrtwende der Fed angetrieben, die weiterhin um eine Normalisierung der Geldpolitik bemüht ist. Der Aktienindex MSCI World legte in den ersten beiden Monaten des Jahres 11,21 Prozent zu und glich seine Korrektur vom letzten Quartal 2018 wieder vollständig aus. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob dieser Trend in den kommenden Monaten anhält.
Der Zusammenstoß von Konjunkturzyklus und Geldpolitik bildete die Kulisse der Märkte im Jahr 2018. Das ist in diesem Jahr nicht mehr der Fall
Die Konjunkturabschwächung hält an und an Schwachstellen mangelt es nach wie vor nicht. In der Litanei der politischen Ungewissheiten von Europa bis in die USA und angesichts der Überschuldung in einem neuen Umfeld der Wachstumsschwäche, dürften die Märkte Gründe genug finden, um in diesem Jahr wieder vorsichtiger zu agieren. Diese wenig verlockende Aussicht wird durch ein zentrales Szenario ergänzt und insofern abgeschwächt, als dass es sich objektiv betrachtet gegenüber dem vergangenen Jahr verändert hat: Die Märkte haben die derzeitige Konjunkturverlangsamung anerkannt, ebenso wie die Zentralbanken, die sich mittlerweile von einer Normalisierung der Geldpolitik auf Biegen und Brechen gelöst haben. Der Zusammenstoß von Konjunkturzyklus und Geldpolitik bildete die Kulisse der Märkte im Jahr 2018. Das ist in diesem Jahr nicht mehr der Fall.
Wir nähern uns einer zähen Zeit, ein Nährboden für zauderhafte Märkte, eine Art langsame und schwierige Befreiung nach der Kollision von 2018. Das erfordert weniger direktionale Anlagestrategien, die sich nur auf die Generierung von Alpha konzentrieren, sondern die auch das Beta managen.
Es gibt viele politischen Parameter, die die Märkte in diesem Jahr beeinträchtigen könnten: abschließende Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und dem Vereinigten Königreich über den Brexit, die Handelsauseinandersetzungen zwischen den USA und China, neue Androhungen von Importzöllen auf deutsche Autos aus Amerika und die Europawahlen. Diese für das Vertrauen und damit für das Wachstum bedeutenden Entwicklungen treten in den nächsten Monaten oder gar Wochen in ihre entscheidende Phase. Sie sorgen daher kurzfristig für Ungewissheit. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es zu Worst-Case-Szenarien, die niemandem etwas nützen, letztlich nicht kommen wird. Auch wenn es unvernünftig ist auf die Vernunft der Politiker zu setzen, könnte eine, wenngleich wackelige Fortsetzung des Modus Vivendi den Märkten ermöglichen, nach Monaten der Angst, gelassen zu bleiben.
Blickt man über die unmittelbare Zukunft hinaus, dürfte die Richtung der Märkte im Jahr 2019 hauptsächlich vom wirtschaftlichen Umfeld abhängen. Ein Umfeld, das mittlerweile ziemlich trübe geworden ist. Die weltweite Konjunkturverlangsamung hält zurzeit wie erwartet an.
In den USA bleibt die Bautätigkeit schwach und die Indikatoren für den Fertigungssektor wie der Markit Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, der mit 53,7 im Februar auf dem niedrigsten Niveau seit 2017 lag, zeigen weiter in die falsche Richtung. Doch solange die Nachfrage nach Dienstleistungen anhält, was durch einen nach wie vor robusten Arbeitsmarkt unterstützt wird, dürfte sich die Wirtschaft insgesamt nur leicht abschwächen. Diese Aussicht wird von einer Zentralbank bestärkt, die vom Dogma der Normalisierung abrückt. Sie gesteht sich die Furcht vor dem Druck der Märkte ein und begegnet den kurzfristigen Inflationsindikatoren mit zunehmendem Desinteresse.
Zudem könnte der Ausgang der Handelsverhandlungen mit China konkrete Unterstützung für das Vertrauen und für Anlagen leisten. Dies hängt ohne Zweifel davon ab, ob ein Gleichgewicht zwischen langfristiger, ideologischer Konfrontation und dem beiderseitigen Interesse an einer Einigung gefunden werden kann. Es braucht eine Einigung, die es beiden Seiten ermöglicht das Gesichts zu wahren. Doch die Konjunkturverlangsamung in den USA, die nahenden Präsidentschaftswahlen und die instabilen Märkte, die im vergangenen Dezember zu beobachten waren, erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines „Deals“, der zumindest äußerlich für die beiden Hauptakteure zufriedenstellend ist.
In Europa bestätigen die im Februar veröffentlichten Wirtschaftsdaten, dass die Konjunkturschwäche gegen Ende des vergangenen Jahres nicht allein Sache der deutschen Automobilproduktion ist. Diese wurde vorübergehend von der Einführung der neuen WLTP-Norm für die CO2-Emissionen belastet. Eine weitere Verschlechterung dürfte zwar durch mehr Kaufkraft der Verbraucher dank einer gewissen Verbesserung bei Löhnen und Beschäftigung verhindert werden, aber für eine echte Stabilisierung muss die chinesische Nachfrage anziehen. Und die dürfte eher moderat ausfallen. Der EZB bleibt keine andere Wahl, als bei ihrer extrem akkommodierenden Haltung zu bleiben.
China sieht sich weiterhin einem schwierigen Kurs gegenüber: Einerseits die erforderliche Entschuldung, andererseits Druck an der Handelsfront und Konjunkturabschwächung(siehe Carmignac’s Note vom Januar "50 shades of black"). Die zur Stützung des Konsums ergriffenen Maßnahmen dürften im Laufe des Jahres eine Stabilisierung des chinesischen Wachstums ermöglichen, insbesondere wenn es zu einer Einigung im Handel mit den USA kommt. Doch sie werden sicher keine Triebkraft für europäische Exporte sein, die mit der Triebkraft vergleichbar wäre, welche ihnen im Jahr 2016 zugutekam.
Zu Beginn des Jahres 2019 zeichnet sich also insgesamt eine mehr oder weniger sanfte Landung der weltweiten Volkswirtschaften ab. Sie wird durch Geldpolitiken abgefedert, deren Ehrgeiz zu einer Straffung sich gelegt hat.
In dieser Phase der Konjunkturverlangsamung können sich die Performanceunterschiede zwischen einzelnen Werten als ein bedeutender Performancefaktor erweisen – ganz im Gegensatz zu 2018
In diesem Umfeld könnten sich die Aussichten für die Aktienindizes von den derzeitigen Niveaus aus durch ihre Mittelmäßigkeit auszeichnen, da sich die durchschnittlichen Bewertungen seit Jahresbeginn bereits wieder erholt haben und die Aussichten für das Wachstum der Unternehmensgewinne äußerst dürftig sind. In dieser Phase der Konjunkturverlangsamung könnten sich jedoch die Performanceunterschiede zwischen einzelnen Werten als ein bedeutender Performancefaktor erweisen – ganz im Gegensatz zu 2018, als die Einschätzung der Richtung der Indizes für die Performance viel entscheidender war. Insbesondere Aktien von Unternehmen, die noch angemessen bewertet und in der Lage sind, ihre Margen zu verteidigen und ihr Wachstum zu halten, dürften in dem von uns für dieses Jahr erwarteten schwachen wirtschaftlichen Umfeld einen erheblichen Qualitätsaufschlag für sich in Anspruch nehmen können. Eine ähnliche Einschätzung, dass nämlich in diesem Jahr das Generieren von Alpha bevorzugt werden sollte, statt auf die großen Trends zu setzen, gilt auch für die Anleihemärkte, insbesondere für Unternehmensanleihen.
Quelle: Bloomberg, 28/02/2019