Ein aktiver Jahresstart

Im Januar 2022 beschlossen wir, in einen aktiven Dialog mit dem Unternehmen zu treten. Hintergrund waren Bedenken, die aufgekommen waren, nachdem der Verwaltungsrat öffentlich bekannt gegeben hatte, den CEO des Unternehmens aufgrund „umfassender und wesentlicher Verstöße gegen den Verhaltenskodex von James Hardie“ zu entlassen.

Im Einklang mit unserer Politik des aktiven Dialogs mit Anteilsinhabern¹ legte das Team für verantwortliches Investieren (RI-Team) die Strategie und die Ziele für den aktiven Dialog gemeinsam mit unserem Portfoliomanager für festverzinsliche Anlagen fest.

Nach der Ankündigung bat das RI-Team um ein Telefongespräch mit dem Investor-Relations-Team des Unternehmens.

Unser letzter aktiver Dialog mit dem Investor-Relations-Team des Unternehmens fand im August 2021 statt. Damals wurden anlässlich der Vorlage des Nachhaltigkeitsberichts 2021 der Ansatz und die weitere Entwicklung des Unternehmens in Sachen Nachhaltigkeit erörtert.

Ein derartiges Maß an Transparenz seitens des Verwaltungsrats in Bezug auf die Gründe für die Entlassung des CEO ist eher ungewöhnlich. Wir tauschten uns mit dem Investor-Relations-Beauftragten des Unternehmens aus, um mehr über die Hintergründe der Entscheidung des Verwaltungsrats, den CEO zu entlassen und derart offen damit umzugehen, zu erfahren und diese zu verstehen. Angesichts der Schwere dieses Sachverhalts schlugen wir vor, dass der Verwaltungsrat eine interne Überprüfung der Unternehmenskultur vornehmen könnte.

Darüber hinaus erörterten wir auch das Thema der Nachfolge. Eine offene und ehrliche Beziehung auf oberster Unternehmensebene zwischen dem CEO und dem Verwaltungsrat ist für eine gut funktionierende Unternehmensführung von fundamentaler Bedeutung. Angesichts der bereits geleisteten Amtszeit des Verwaltungsratsvorsitzenden und dessen Plan, seinen Posten noch vor Ablauf seiner dreijährigen Amtsperiode zu räumen, gaben wir an, dass es oftmals ein Risiko darstellt, erst einen neuen CEO zu ernennen und dann den Verwaltungsratsvorsitzenden zu ersetzen, räumten aber ein, dass der Verwaltungsrat unter diesen Umständen wohl keine andere Wahl hat. Der Investor-Relations-Beauftragte konnte uns auch weitere Auskünfte über die vom neuen CEO erwarteten Kompetenzen, die Auswirkungen der Ernennung eines neuen CEO auf die Strategie des Unternehmens, die Wahl des Interim CEO (ein ehemaliges nicht geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied) und die Folgen dieser Änderungen für die Planung der Nachfolge des Verwaltungsratsvorsitzenden erteilen.

Wir werden die Entwicklung dieser Belange beim Unternehmen weiter aufmerksam verfolgen.

2020 entschloss sich das Unternehmen dazu, seine Elektrobatteriesparte auszugliedern und an die Börse zu bringen. Diese stellte einen wesentlichen Bestandteil der Geschäftstätigkeit und daher auch des Marktwerts des Unternehmens dar, insbesondere angesichts des in der Automobilbranche zu beobachtenden Übergangs zu Elektrofahrzeugen. Obwohl LG Energy Solutions (LGES) weiterhin von LG Chem kontrolliert werden würde, waren wir nicht der Ansicht, dass die Ausgliederung Minderheitsaktionären wie Carmignac zugutekommen würde.

Unser Portfoliomanager für die Schwellenländer brachte die Bedenken Carmignacs bereits frühzeitig im Rahmen seines regelmäßigen Austauschs mit dem Unternehmen direkt gegenüber dem Investor-Relations-Team von LG Chem zum Ausdruck. Angesichts der Schwere unserer Bedenken entschloss sich unser Portfoliomanager im Juni 2021 dazu, den CEO des Unternehmens ausnahmsweise direkt per E-Mail zu kontaktieren und darüber in Kenntnis zu setzen, dass wir vom Unternehmen erwarten, die Interessen der Minderheitsaktionäre zu berücksichtigen. Allerdings schloss das Unternehmen den Börsengang von LGES dennoch im Januar 2022 ab.

Seither hat sich der Börsengang von LGES am koreanischen Markt nachteilig auf die Minderheitsaktionäre von LG Chem ausgewirkt, da der Aktienkurs des Unternehmens in der Folge deutlich eingebrochen ist.

Die Bedenken des Aktienteams in Bezug auf die Fähigkeit des Verwaltungsrats von LG Chem, die Interessen der Minderheitsaktionäre zu wahren, wurden auf einer wöchentlichen Sitzung des Teams im Beisein des Teams für verantwortliches Investieren (RI-Team) erörtert. Um unsere Enttäuschung gegenüber dem Verwaltungsrat zum Ausdruck zu bringen, entschlossen wir uns, unsere Haltung gemäß unserer Politik des aktiven Dialogs mit Anteilsinhabern zu eskalieren.

Das RI-Team empfahl dem Portfoliomanager, auf der Jahreshauptversammlung der Aktionäre am 23. März 2022 gegen eine Verlängerung des Mandats des CEO von LG Chem zu stimmen (Beschluss 2 – Wahl von Shin Hak-Cheol zum Inside Director). Beide Teams waren sich einig, dass diese Vorgehensweise angemessen sei. Wir entschlossen uns überdies dazu, ein von unserem Head of Equities unterzeichnetes offizielles Schreiben an den Verwaltungsrat zu senden, in dem wir die Gründe für unser Abstimmungsverhalten erläutern.

Die Entscheidung, gegen eine Wiederwahl des CEO zu stimmen, und der Brief wurden vom Unternehmen zur Kenntnis genommen. Carmignac war nicht der einzige Investor, der sich gegen eine Verlängerung des Mandats des CEO aussprach.

Berichten zufolge hat auch einer der zum Zeitpunkt der Jahreshauptversammlung im März 2022 größten Aktionäre des Unternehmens auf dieser gegen die Wiederwahl des CEO gestimmt.